Die deutsche Wirtschaft steht vor einem kritischen Moment. Tatsächlich seien es aktuell die Dienstleistungen, welche die Wirtschaft in Deutschland vor einer ausufernden Rezession bewahren. Die neueste Konjunkturprognose des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass die drohende Rezession durch den stabilen Dienstleistungssektor abgemildert wird. Dennoch reichen die positiven Entwicklungen in diesem Bereich nicht aus, um eine umfassende wirtschaftliche Erholung einzuleiten.
Laut den Kölner Wirtschaftsexperten soll das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr voraussichtlich nur das Niveau des Vorjahres erreichen. Ein wirklicher Aufschwung wird erst dann möglich sein, wenn es zu nachhaltigen Verbesserungen in der Bauwirtschaft kommt. Gleiches gilt auch für die Industrie, so die Experten. Die Probleme bleiben also bestehen und müssen nun genau analysiert werden.
Dienstleistungen schützen Wirtschaft vor drastischer Rezession
Der Dienstleistungssektor, der etwa 70 Prozent der wirtschaftlichen Aktivitäten ausmacht, verzeichnete im ersten Halbjahr ein Wachstum von 1,6 Prozent. Diese positive Entwicklung erstreckt sich über verschiedene Bereiche, einschließlich Unternehmensdienstleistungen, konsumnahen Services sowie öffentliche und soziale Dienstleistungen. Der Anstieg wird vor allem durch die steigenden Reallöhne und die nachlassende Inflation begünstigt, die in den letzten fünf Quartalen für kontinuierliche Lohnsteigerungen gesorgt haben.
Im Gegensatz dazu kämpfen die Investitionen mit erheblichen Rückgängen. Das IW prognostiziert für 2024 einen Rückgang der Bruttoanlageinvestitionen um drei Prozent – ein Rückgang, der doppelt so stark ist wie noch im Frühjahr vermutet. Die Belastungen durch schwaches Auslandsgeschäft, anhaltende wirtschaftliche und politische Unsicherheiten sowie hohe Finanzierungskosten wirken sich stärker aus als ursprünglich angenommen.
Wirtschaft nach wie vor stark angeschlagen
Der Außenhandel leidet unter den globalen wirtschaftlichen Bedingungen. Die realen Exporte könnten in diesem Jahr um ein Prozent sinken, während die Importe aufgrund der schwachen Binnennachfrage noch stärker zurückgehen könnten. Auch die privaten Konsumausgaben werden nur um etwa ein halbes Prozent zulegen, da Unsicherheit und Vorsicht die Verbraucherausgaben dämpfen. Damit sorgen die Dienstleistungen dafür, dass die Wirtschaft nicht tiefer in eine Rezession rutscht.
Trotz dieser Herausforderungen erwarten die Experten ein moderates Wachstum der Erwerbstätigkeit von gut einem Viertel Prozent. Der Überhang an Beschäftigten aus dem Vorjahr und die Vorsicht der Unternehmen, die mehr Personal halten, als sie derzeit benötigen, unterstützen dies. Der Beschäftigungszuwachs in staatsnahen Dienstleistungsbereichen wie Verwaltung, Gesundheitswesen und Bildung wird die Verluste in der Industrie ausgleichen. Mit anhaltender Zuwanderung könnte die Arbeitslosigkeit auf etwa 2,8 Millionen steigen, was einer Quote von rund sechs Prozent entspricht.