Der Mangel an Fachkräften bedroht nicht nur die Wirtschaft, sondern auch wichtige gesellschaftliche Strukturen. Doch ist die Ursache wirklich nur der demografische Wandel? Es scheint fast so, als wäre der Fachkräftemangel ein hausgemachtes Problem.
Belastung statt Begeisterung: Warum Fachkräfte aufgeben
Die Diskussion um den Fachkräftemangel in Deutschland wird oft von Schlagworten wie „alternde Gesellschaft“ oder „fehlende Qualifizierung“ dominiert. Doch eine neue Studie des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) zeigt: Die Gründe für den Fachkräftemangel sind vielschichtiger und häufig handelt es sich um ein hausgemachtes Problem. Schlechte Arbeitsbedingungen sorgen dafür, dass qualifizierte Fachkräfte ihre Arbeitszeit reduzieren, den Beruf wechseln oder gar ganz aufgeben. Besonders betroffen sind Branchen, die ohnehin mit Personalengpässen kämpfen – ein Teufelskreis, der sich immer weiter zuspitzt.
Die repräsentative Umfrage unter knapp 7.000 Beschäftigten wirft ein Licht auf die Schattenseiten der Arbeitswelt. Besonders in sogenannten Engpassberufen wie Pflege, Bildung oder im öffentlichen Nahverkehr verschärfen sich die Bedingungen zunehmend. Hoher Druck und übermäßige Arbeitsbelastung treiben nicht nur die Verbliebenen an ihre Grenzen, sondern schrecken auch potenzielle Nachwuchskräfte ab.
Unternehmensstrategien als Stolperstein
Eine alarmierende Erkenntnis der Studie: Der Mangel ist oft Folge falscher Weichenstellungen. Besonders in Berufen mit geringem Arbeitskräftebedarf könnten bessere Planungen den Druck mildern. Stattdessen setzen Unternehmen in vielen Fällen auf Kostensenkung durch minimale Personalstärke – ein riskantes Kalkül. Dies führt nicht nur zu steigenden Fehlzeiten und Kündigungen, sondern senkt auch die Attraktivität der Arbeitsplätze. Der Fachkräftemangel lähmt indessen auch die Wirtschaft in der EU.
Die Befragten berichten, dass sie zusätzliche Aufgaben übernehmen, Überstunden leisten und sogar Arbeiten ausführen müssen, für die sie nicht ausgebildet sind. Diese Maßnahmen verschärfen die Überlastung und beschleunigen die Abwärtsspirale: Der nächste personelle Abgang ist oft nur eine Frage der Zeit. Über 60 Prozent gaben an, dass die Belastung ihre Gesundheit negativ beeinflusst.
Ein Appell an Politik und Unternehmen
Die Folgen des Fachkräftemangels sind längst kein vorübergehendes Phänomen mehr. In vielen Branchen wird Personalmangel zum Dauerzustand, wie die Studie deutlich macht. Die Verfasser appellieren eindringlich an Arbeitgeber und Politik: Nur durch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen können Fachkräfte gewonnen und gehalten werden. Yasmin Fahimi, Vorsitzende des DGB, bringt es in einem Gespräch mit Medienvertretern auf den Punkt: „Gute Arbeit ist der Schlüssel zu stabilen Arbeitsmärkten.“ Deutschland steht am Scheideweg und offenbar vor einem Fachkräftemangel, der in der Tat, ein hausgemachtes Problem darstellen kann.