Mit dem stärksten Auftragsrückgang seit 15 Jahren kämpft die deutsche Wirtschaft gegen ein ernst zu nehmendes Tief. Vor allem die Industrie und der Dienstleistungssektor spüren den Druck. Befindet sich Deutschlands Wirtschaft im Auftragsloch?
Industrieaufträge auf historischem Tiefstand
Die deutsche Wirtschaft durchlebt eine herausfordernde Phase. Immer mehr Unternehmen melden schwindende Aufträge, und die aktuellen Zahlen des Münchener Ifo-Instituts zeichnen ein düsteres Bild. Im Oktober klagten 41,5 Prozent der Unternehmen über fehlende Aufträge. Das entspricht einem Anstieg gegenüber 39,4 Prozent im Juli sowie die höchste Zahl seit der Finanzkrise 2009. Besonders schwer betroffen ist die Industrie, wo nahezu jedes zweite Unternehmen über fehlendes Neugeschäft berichtet. Gerade die Schlüsselbranchen wie Maschinenbau sowie die Metall- und Elektroindustrie haben mit ausbleibenden Aufträgen zu kämpfen. Experten sprechen indessen davon, dass die Deutschlands Wirtschaft im Auftragsloch liegt.
Das Ifo-Institut sieht jedoch in den im September gestiegenen Auftragsbeständen einen kleinen Hoffnungsschimmer. Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen, betont jedoch, dass der Weg zu einer nachhaltigen Erholung noch lang sei und die konjunkturelle Dynamik weiterhin stark eingeschränkt bleibe. Die Wirtschaft wird wohl einige Zeit benötigen, um sich aus diesem Auftragsloch herauszuarbeiten – und es bleibt unklar, wie schnell sich die Nachfrage tatsächlich stabilisieren wird. Zugleich erhalten Millionen Arbeitnehmer bald mehr Gehalt.
Dienstleistungssektor im Sog der schwachen Industrie
Auch im Dienstleistungssektor spitzt sich die Lage zu, wobei die negativen Folgen des Industrieabschwungs deutlich spürbar werden. Besonders im Transportsektor ist der Rückgang der Aufträge markant. Die schwache Nachfrage aus der Industrie trifft vorwiegend Unternehmen, die eng mit der Produktion verknüpft sind. Das zieht auch die Personalagenturen in Mitleidenschaft, denn die Nachfrage nach Leiharbeitern ist stark gesunken. Zwei Drittel der Zeitarbeitsfirmen berichten von erheblichen Auftragsengpässen – ein klares Zeichen dafür, dass Unternehmen aktuell eher zurückhaltend neue Arbeitskräfte anfordern.
Der Tourismussektor bleibt ebenfalls nicht verschont: Ein Drittel der Gastronomiebetriebe meldet sinkende Besucherzahlen, und in der Veranstaltungsbranche klagen fast die Hälfte der Unternehmen über fehlende Aufträge. Laut Wohlrabe haben die großen Sommerkonzerte namhafter Künstler wie Taylor Swift und Adele sicherlich Kaufkraft gebunden und den kleineren Veranstaltungen Besucher entzogen. Es ist jedoch ein leichter Anstieg im Bereich Beratung festzustellen. Besonders Rechts- und Steuerberater sowie Wirtschaftsprüfer verzeichnen eine stabile Nachfrage, da der bürokratische und regulatorische Aufwand weiterhin hoch bleibt und Unternehmen Unterstützung in diesen komplexen Fragen suchen.
Die aktuellen Herausforderungen stellen die deutsche Wirtschaft auf die Probe und lassen die langfristige Erholung ungewiss erscheinen. Unternehmen in der Industrie und im Dienstleistungsbereich sehen sich veranlasst, kreative Lösungen zu finden, um den Engpass zu überwinden und in einem zunehmend schwierigen Umfeld zu bestehen.