Die EU-Kommission erwägt derzeit, die bereits ambitionierten Klimaziele weiter zu verschärfen. Im Februar präsentierte sie einen Vorschlag, der vorsieht, die Emissionen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren. Bis 2050 soll Europa klimaneutral werden, während bis 2030 eine Reduktion um 55 Prozent angestrebt wird. Doch schon dieses Zwischenziel scheint kaum erreichbar, trotz aller Bemühungen. Jetzt möchte die EU die Klimaziele erneut anpacken.
Innerhalb der deutschen Wirtschaft wächst die Sorge, dass ständig neue, ehrgeizigere Vorgaben zu einer schwer kalkulierbaren Belastung führen. Achim Dercks, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), äußerte in einem Gespräch mit Medien seine Besorgnis. Er sieht eine wachsende Unsicherheit in der Wirtschaft durch die stetige Erhöhung der Klimaziele. Auch Ingbert Liebing vom Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) hält das ständige Verschärfen langfristiger Ziele für wenig zielführend. Seiner Meinung nach verdeckt es lediglich, dass die kurzfristigen Ziele oft verfehlt werden.
Es fehlt am Geld für den Wandel
Ein Hauptproblem für die deutsche Wirtschaft ist die Finanzierung der notwendigen Transformation. Der Wandel hin zu Technologien wie Elektrifizierung oder Carbon Capture and Storage erfordert erhebliche Investitionen in die Infrastruktur, die häufig privat getragen werden müssen. Zudem bleibt die Kostenstruktur unattraktiv. Strompreise sind in der EU schon jetzt hoch, während fossile Brennstoffe vergleichsweise günstig bleiben. Dies sorgt für einen mangelnden Anreiz, in klimafreundlichere Technologien zu investieren.
Die Wissenschaft warnt hingegen eindringlich vor den Folgen eines unzureichenden Engagements im Klimaschutz. Daten des Climate Action Tracker (CAT) legen nahe, dass die EU ihre Klimaziele bis 2030 verfehlen wird. Stattdessen reichen die bisher beschlossenen Maßnahmen lediglich aus, um die globale Erderwärmung auf etwa drei Grad zu begrenzen – deutlich über dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens. Für eine Eindämmung der Klimakrise bedarf es also drastischerer Maßnahmen.
Emissionen sinken, doch das reicht nicht aus
Ein Blick auf die aktuelle Situation in Deutschland zeigt, dass der Fortschritt in einigen Bereichen stagniert. Zwar sind die Emissionen bis 2023 um 46 Prozent gesunken, doch dies ist vor allem auf die wirtschaftliche Schwäche und nicht auf nachhaltige strukturelle Veränderungen zurückzuführen. Besonders in den Bereichen Gebäude und Verkehr tut sich wenig. Hier erzielte man kaum relevante Einsparungen.
Während in Deutschland das Tempo fehlt, zeigt Norwegen, wie es gehen kann. Dank gezielter staatlicher Förderungen und finanzieller Anreize soll dort bereits ab 2025 jedes neu zugelassene Fahrzeug ein E-Auto sein. Auch bei der Installation von Wärmepumpen ist Norwegen Vorreiter. In Deutschland hingegen müsste die Zahl der jährlich installierten Wärmepumpen massiv steigen, um bis 2030 überhaupt in die Nähe der angestrebten Ziele zu kommen. Diese Unterschiede verdeutlichen, wie viel noch zu tun bleibt, wenn Europa seine Klimaziele ernsthaft erreichen will.